Heute erzähle ich mal nicht von mir. Auch wenn ich schon wieder tolle Sachen erlebt habe. Nein, heute erzähle ich Euch von Othello, meinem alten Freund.
Othello ist ein Spanielmischling und sage und schreibe 14,5 Jahre alt. Weiss gar nicht wie oft man schlafen muss, bis man 14,5 Jahre ist. Puh!! Othello lebt schon 14 Jahre mit Frauli und er war so alt wie ich heute, als er zu Frauli kam. Er hat mir erzählt sie hätte ihn aus dem Tierheim geholt eines Tages und seitdem wäre er bei Frauli. Rochus kam erst später dazu. Den haben sie zusammen aus Frankfurt geholt, er und Frauli.
Stellt Euch vor, Othello wurde von seiner ersten Familie im Winter, spät in der Nacht, beim Zaun am Tierheim angehängt. Stundenlang hat er darauf gewartet wieder abgeholt zu werden. Er hat sich schrecklich gefürchtet, dann begann es zu schneien und er fror ganz erbärmlich, hatte riesigen Hunger und war sooo alleine. Morgens haben ihn dann die MitarbeiterInnen des Tierheims gefunden. Da war er schon ganz verzweifelt und unterkühlt. Aber er hatte Glück! Nach nur 3 Tagen im Tierheim, entdeckte ihn Sonja und nahm ihn mit. Seitdem lebt er bei ihr und sie nennt ihn meinen „Seelenhund“.
Othello hat mir erzählt, daß Frauli mal eine schlimme Zeit hatte und sehr viel weinte. Da hätte er sich dann zu ihr gelegt, ganz nah, und ihre Tränen geleckt. Bis sie wieder heiter war und ihn mit einem langen Spaziergang belohnte. War ganz schön viel Arbeit, meinte er „Seelenhund“ zu sein.
Überhaupt. Othello hat mir erklärt, daß jeder Hund eine Aufgabe hat. Es gibt etwa Lawinensuchhunde, Polizeihunde, Blindenhunde, Trüffelsuchhunde und Wachhunde. Es wäre wichtig eine Aufgabe zu haben, Sinn im Leben, eine Berufung. Othello hat sich entschieden Seelenhund und Schmusehund zu sein. Das wäre er heute noch, mit Leib und Seele. Klingt interessant, oder? Welche Aufgabe ich wohl mal haben werde??
Othello ist ein sehr alter Herr. Früher war er mal schwarzhaarig und, wie er mir versicherte, schlank mit guter Figur. Jetzt aber ist er etwas mollig und aus der Form. Zudem ist er ganz weiss im Gesicht und um die Augen, Frauli nennt das „Altersbrille“. Außerdem ist er der letzte Überlebende seines Wurfes. Und das obwohl er einen Herzfehler hat und vor Jahren von einem großen Hund attackiert und am Hals schwer verletzt wurde. Frauli sagt, Othello wäre ein Methusalem. Keine Ahnung was das ist ein Methusalem. Aber dürfte nicht weh tun.
Othello ist ein bisschen langsam. Der trottet immer gemütlich dahin. Er kann nicht mehr so gut „hopp“ und tut sich beim Stiegensteigen schwer. Aber trotzdem will er manchmal mit mir „hopp“ machen und über Baumstämme springen. Da packt Frauli ihn dann immer heimlich am Hundegeschirr und hilft kräftig mit. Und wenn Othello sich dann freut wie ein König, lässt Frauli schnell das Hundegeschirr aus, damit er nicht merkt, dass ihm geholfen wurde. Schaut mal wie er sich vorgestern freute mit mir als ich „hopp“ machte!
Manchmal, wenn Frauli mit Othello schmust, sehe ich, dass sie ganz traurige Augen bekommt. Sie flüstert dann mit ihm, sagt „mein bester alter Hund“ zu ihm und streichelt ihn ganz sanft. Und ich hab genau gesehen, daß Othello für Gutzis nichts mehr tun muss. Ich muss ja „platz“ und „sitz“ machen und so Zeugs, damit ich ein paar Gutzis abstauben kann. Aber Othello bekommt die Gutzis ohne Aufgabe. Einfach weil er da ist und knuffig schaut mit seinem weissen Gesichtchen. Ich glaube, Seelenhund sein ist etwas ganz Besonderes und hat viele Vorzüge.
Othello hat mir gesagt, dass er jetzt 14 Jahre aufs Frauli und 10 Jahre aufs Herrli aufgepasst hätte. In näherer Zukunft könnte er das aber nicht mehr machen. So in 2-3 Jahren vielleicht. Bis dahin sollte ich erwachsen geworden sein, denn dann müsste ich das übernehmen. Ohne Aufpassen machen die nur Blödsinn, meinte er. Viel Bewegung bräuchten Herrli und Frauli, Unterhaltung, Gefahrensicherung beim Wandern, Schutz vor Angreifern und eben viel Liebe.
Ich habs ihm hoch und heilig versprochen und er guckte danach sehr zufrieden. Bisschen melancholisch der old boy. Solange er mit mir „hopp“ macht, so unglaublich lange schwimmen geht und nach einer langen Wanderung gleich zwei Stufen auf einmal nimmt, wenn wir nach Hause kommen, seh ich ja echt keinen Grund für Dramatik. Außerdem: Wäre etwas früh für mich so große Aufgaben zu übernehmen. Bin doch noch ein Baby….!